Blutegel im Anmarsch (23)


Auf einmal geht die Tür zur Rhinitisabteilung auf.

Zwei Ärzte in weißen Kitteln stürzen aufgeregt gestikulierend hinaus. "...Ein avocadogroßes Geschwür, du weißt schon wo...!!!" "Nein was!!!" "JA - da können wir unmöglich operieren." "Er muss in die Spezialklinik - das können wir hier nicht machen!" "Aber dann werden wir nicht Ärzteteam des Monats!!"

"Entschuldigung!" Sagt Joao bestimmt und zieht einem der Ärzte am Ärmel.

Überrascht bleiben sie stehen und schauen zu Joao hinab.

Er sagt: "Wir sind Krankenhauskritiker. Wir müssen Sie das jetzt fragen. Wer hat wo ein avocadogroßes Geschwür?"

Samuel räuspert sich unbehaglich und tritt von einem Fuß auf den anderen.

Die Ärzte gucken sich kurz sprachlos an, dann runzelt der eine die Stirn und sagt: "Hau ab."

"Neinneinnein" stammelt Joao. "Wenn Sie da nicht weiterwissen - ich habe da einen Therapieansatz. Blutegel." Er hebt wegweisend den Zeigefinger. "Hab's in einem Pferdebuch gelesen!"

Die Gesichter der Ärzte fangen gerade an, rot anzulaufen, und der eine hat dem anderen gerade aus dem Mundwinkel heraus zugemurmelt: "Schmeißt du ihn raus oder ich", als der eine Arzt bei dem Stichwort "Blutegel" einen nachdenklichen Gesichtsausdruck bekommt.

Er sagt: "Wie meinen Sie das? Ich muss gestehen, von dieser Methode habe ich schonmal gelesen."

"Naja, Sie setzen einen oder mehrere Blutegel auf die Schwellung und die saugen das schlechte raus." Antwortet Joao selbstsicher.

Wieder werfen sich die beiden einen nachdenklichen Blick zu. Dann flüstert der eine dem anderen zu: "Jürgen, wenn wir ihn vor übermorgen noch operiert bekommen, ist uns der Pokal als Mitarbeiterteam des Monats sicher..." "Stimmt..." murmelt der Arzt namens Jürgen zurück und bekommt einen gehetzten, gierigen Blick.

Die beiden gucken kurz ratlos, dann sagt der Arzt, der nicht Jürgen ist: "Der Chef hat doch sogar ein Aquarium in seinem Büro voller Blutegel, das fällt doch nicht auf, wenn da zwei fehlen."

"Das fällt wirklich nicht auf" stimmt ihm Jürgen zu und schränkt dann ein: "Obwohl, er liebt sie schon wirklich sehr, haben die nicht auch alle Namen? Ich kam mal in sein Büro, als er eins von denen auf seiner Hand hatte und ihm die Nase abgeleckt hat"

"Ach, egal, der merkt das schon nicht." Beschwichtigt der andere Arzt, der nicht Jürgen ist.

"Der Chef ist doch auch gerade in Istanbul bei dieser Konferenz, wie man Organe 3D druckt oder nicht? Dann können wir doch mal eben ein paar Egel aus dem Aquarium in seinem Büro stibitzen."

"Wisst ihr denn auch, wie man die Blutegel setzt?" Fragt Jürgen Joao misstrauisch.

"Ach klar!" Prahlt Joao. "Schon tausendmal gemacht. War Voraussetzung um Krankenhauskritiker zu sein, wir müssen alle Operationen auch selbst durchführen können, damit wir wissen, ob die Ärzte sie gut machen. Deshalb können wir das alles locker im Schlaf."

"Na gut. Seid ihr immer so viele??" Fragt der Arzt, der nicht Jürgen ist und deutet auf Samuel, der ja immer noch ganz blutig ist, auf den miesepetrig dreinschauenden Wachmann mit der Pistole am Gürtel und die eine Lady mit dem herunterhängenden Kleid.

"Ja" sagt Joao.

Der Arzt überlegt kurz und sagt dann: "Okay- wir holen die Blutegel und treffen euch hier gleich wieder, dann gehen wir gemeinsam in den OP- Raum und ihr macht das. Bis gleich."

"Das Gute ist" murmelt der andere Arzt Jürgen zu "es ist nicht schlimm, wenn irgendwas daneben geht. Statistisch betrachtet, können wir uns noch Fehler erlauben, und wenn alles gut läuft, werden wir Mitarbeiter des Monats. Wir können nur gewinnen." Er nickt nochmal bekräftigend, und die beiden laufen davon.


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