Misstrauisch beäugt der Wachmann die Mohrrübe und nimmt sie in die Hand.
"Und das ist wirklich eine Magensonde?"
"Nach was sieht es denn bitteschön aus!!" Maunzt Fiona genervt und teilt mit ihrem Bürstenschwanz Schläge nach links und rechts aus, abwechselnd die Ladies treffend.
Mit einem ungehaltenen Blick auf seine Armbanduhr fragt nun der Dickbäuchige: "Können wir jetzt bitte gehen. Unseren Teil der Abmachung haben wir jawohl erfüllt."
Man kann förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des Wachmanns rattert- einfach so gehen lassen will er die Bande nicht, dazu kommt ihm das ganze schon irgendwie zu spanisch vor, und es geht ja schon um einiges!
Er verlagert sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und zieht die Stirn so kraus, dass seine Oma gesagt hätte: "Zieh nicht so ein Gesicht Junge, nachher bleibst du für immer so."
Dann sagt er: "Nee. Irgendwas kommt mir hier spanisch vor. Ihr kommt jetzt erstmal mit."
Und er zückt die Pistole, sodass ihnen nichts anderes übrig bleibt.
Gemeinsam trotten sie also mindestens eine halbe Stunde durch die Straßen Buenos Aires'.
Dem Dicken läuft der Schweiß in Bächen hinunter.
Die Ladies haben ihre hohen Schuhe ausgezogen und tänzeln nun missmutig dreinschauend um Glasscherben und Schmutz herum auf Zehenspitzen hinter ihnen her.
Joao und der Wachmann indessen laufen vorweg und scheinen in ein angeregtes Gespräch vertieft zu sein.
"Und was ist so das Herausfordernste an Ihrem Beruf?" Fragt Joao neugierig, legt den Kopf schief und kneift die Augen zusammen.
Der Wachmann überlegt kurz- er scheint sich über das ehrliche Interesse an seiner Arbeit zu freuen.
"Naja- also, schwierig ist es, weiterhin gemein zu Gefangenen zu sein, selbst wenn man sie eigentlich sympathisch findet." Überlegt er.
"Kommt das häufig vor?" Fragt Joao.
"Naja - eigentlich nicht. Vielleicht einmal in drei Monaten. Und meistens sind diese dann jung und gut aussehend, ich lasse mich von sowas leider immer sehr schnell beeinflussen. Oder wenn sie nett zu mir sind. Oder mir was schenken. Hach."
Er guckt ein wenig traurig.
"Und dann verhelfe ich ihnen zum Ausbruch, und dann rufen sie mich nicht einmal mehr an. Aber das war schon immer so."
Er zuckt mit den Schultern.
"Aber lieber Herr Wachmann- meinst du nicht, dass es manchmal ganz gut ist, berufliches und privates voneinander zu trennen ?" Schlägt Joao zurückhaltend vor.
Der Wachmann guckt immer noch traurig. "Das sage ich mir ständig. Aber du verstehst das nicht- dann trifft man wieder jemanden so unglaublich charmanten, und dann denke ich mir, dieses eine Mal wird es anders sein! Aber nein. Es wird nie anders."
"Aber das ist doch gut!" Erwidert Joao. "Dann wirst du jetzt vielleicht frustriert nie mehr jemanden rauslassen."
"Ich bin immer nur ganz kurz frustriert." Seufzt der Wachmann.
"Aber egal." Er holt tief Luft. "Ist das wirklich eine Magensonde, die ihr mir da angedreht habt?" Und er blickt Joao so traurig in die Augen, als wüsste er bereits, dass er schon wieder betrogen und belogen wurde.
Und Joao guckt ebenso traurig zurück und sagt: "Natürlich nicht. Es ist eine Mohrrübe aus Trinidad."
Und da lässt der arme Wachmann einen Schluchzer der Enttäuschung los und wirft sich auf den Boden. "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!!!" Schreit er.
Alle bleiben verdutzt stehen.
"Was ist denn jetzt los." Fragt Samuel und guckt von einem zum anderen.
Joao wirft einen bedauernden Blick auf den am Boden liegenden Wachmann.
"Ich habe ihm erzählt, dass die Magensonde eine Mohrrübe aus Trinidad ist."
"Was ist denn in dich gefahren!!!" Brüllt Samuel.
Der Wachmann blickt nun mit verweinten Augen auf.
Er schluchzt: "Es geht doch um Leben und Tod. Wie könnt ihr das so ausnutzen."
"Haben wir doch gesagt!!" Kreischen die Ladies nun.
"Ja und dafür seid ihr jetzt frei" herrscht Samuel sie an.
"Können wir nicht versuchen, eine echte Magensonde zu organisieren?" Fragt Joao nun schüchtern und hebt fragend die Augenbrauen.
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