Die Herausforderung (46)


"Äääähh was?" Stottert der Wachmann. "Ich - ich kann jetzt nicht schwimmen, also, ich hab ja auch keine Badehose!"

"Ach was! Badehose!" Lacht das Mädchen verächtlich.

"Los komm. Aber bild dir jetzt bloß nicht ein, dass du was mit mir haben könntest, selbst wenn wir nackt baden, ja, ich hab da nämlich gar kein Bock drauf. Diese Zweisamkeit mit Mogli hat mich ganz tot gemacht. Muss mal wieder atmen und so. Also kommst du?"

"Ähh - ja!" Ruft der Wachmann, komplett aus dem Gleichgewicht gebracht durch ihre forsche Art. Er kann mit sowas überhaupt nicht umgehen. "Ich hab aber einen kleinen Speckbauch" murmelt er verunsichert und blickt zu dem Mädchen hoch.

"Ist mir doch egal, jetzt komm!!!" Sie packt den Krug und stellt ihn wieder auf ihren Kopf.

Der Wachmann rappelt sich auf.

Aufrecht marschiert sie vorweg.

Der Wachmann braucht einen kurzen Moment, um die Tante sicher durch die schmale Stalltür zu manövrieren, und muss dann ein bisschen rennen, um das Mädchen wieder einzuholen, die bereits über eine dunkle, taufeuchte Wiese vorweg Richtung Wald schreitet.

"Da gehen wir rein??" Keucht der Wachmann, als er den Abstand aufgeholt hat.

"Yes." Sie nickt.

Die Tante fliegt hoch über ihnen und beschwert sich schrill über die Kälte, was durchaus nachvollziehbar ist.

Kurze Zeit später sind sie an einem moosgrünen Tümpel.

"Da willst du rein??" Fragt der Wachmann ungläubig.

Das Mädchen hört gar nicht zu und ist schon dabei, sich die Kleider vom Leib zu reißen.

Der Wachmann schaut höflich weg.

Die Tante kreist über den Baumwipfeln und macht den Krähen Konkurrenz, die bisher noch respektvollen Abstand halten, da man die Tante in ihrem Territorium noch nicht ganz als Freund oder Feind einordnen kann. Der Begriff "Neutralität" ist ihnen nicht bekannt. Krähe 1 sagt zu Krähe 2: "Wann hacken wir ihr die Augen aus?" Krähe 2 sagt zu Krähe 1: "Jetzt noch nicht, vielleicht gleich."

Komplett nackt tastet sich das Mädchen vorsichtig in den grünen Tümpel hinein.

So kühn, einfach reinzuspringen, ist sie dann doch nicht.

Der Wachmann wagt einen kurzen Blick auf ihren blanken Popó, schaut aber schnell wieder weg.

Dann ist sie drin.

Sie kreischt: "Los komm rein DAS WASSER IST HERRLICH", aber der Wachmann ist hin- und hergerissen.

Skeptisch betrachtet er den moosigen, dunklen Tümpel, über dem Mücken tanzen. Soll er einmal in seinem Leben etwas wagen?


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